Rolf Petry

So viele Erlebnisse – damit könnte man mehrere Leben füllen

Rolf Petry verstarb am 13. November 2019 im Alter von 95 Jahren. Er verbrachte sein ganzes Leben hier in Neuwied, dieser Stadt am Rhein, die er sehr liebte. Mit ihm verliert die Deichstadt einen großartigen, einen besonderen Menschen, der mit seinem Engagement, seinen Projekten, seinem Fleiß und seinem Humor das gesellschaftliche Leben in Neuwied bis heute stark geprägt hat. Als Zahnarzt Petry kannte ihn die ganze Stadt. Seine Praxis im Raiffeisenring übergab er 1998 mit 74 Jahren an seinen Nachfolger. Ein ereignisreiches Leben mit vielen Erfahrungen und Erlebnissen ist mit ihm zu Ende gegangen. Der Baum der Erinnerungen ist noch voller Leben und er lebt in den Herzen der Menschen, die ihn kannten, weiter.

Mit seiner Frau Brigitte Petry war er seit 1956 bis zu ihrem Tod am 10. August 2015 verheiratet. Sie hatten gemeinsam drei Kinder, Martina, Mathias und Michael Petry. Er pflegte viele Freizeitaktivitäten wie Rudern, Segel- und Motorfliegen und vieles mehr. Aber die Familie war sein Ruhepol und der Mittelpunkt seines Lebens. Er pflegte immer auch gesellschaftliche Kontakte und war Mitglied in vielen Neuwieder Sport- und Gesellschaftsvereinen. Vor allem war Rolf Petry jedoch ein Freund und integrer Mensch, dem man fasziniert zuhören konnte, der begeisterte und der immer wieder auch junge Menschen ansprach.

Sein Tatendrang, sein Ideenreichtum, sein großer Familiensinn, aber auch seine Weisheit werden fehlen. Er hatte ein reich erfülltes Leben mit der Stadt Neuwied im Mittelpunkt.

Rolf im Ruderboot in der Schleuse

Kindheit und Jugend

Geboren wurde Rolf Petry am 7. August 1924 in Neuwied. Rolf – schon früh handwerklich sehr aktiv, hatte immer etwas zu basteln in den geschickten Händen. Fliegen wurde zu einem Teil seines Lebens, ebenso der Wassersport und hier insbesondere das Rudern.

Der Krieg

Mit gerade 18 Jahren wurde Rolf Petry im Dezember 1942 eingezogen. Mit ihm waren damit alle Angehörigen der Familie im Krieg. Der Vater Christian, der ältere Bruder Dietrich und sogar die jüngere Schwester Ruth, alle waren eingezogen. Die Ehefrau und Mutter Frieda Petry blieb in dieser Zeit allein im Haus in der Wirtgenstraße. Sie schrieb täglich mehrere Briefe, um mit der Familie in Kontakt zu bleiben und alles zusammen zu halten. Ihre Sorge um die Gesundheit brachte die resolute und mutige Frau dazu, sogar die Tochter Ruth vorzeitig aus einer Flakstellung nach Hause zurück zu holen, gegen den Willen des dortigen Kommandanten. Der Krieg verschlug Rolf nach Frankreich, Russland und Italien. Er verlor in den Kriegswirren seine Kompanie, fand aber dennoch immer wieder zu ihr zurück. Rolf schrieb viele Details seines ereignisreichen Lebens auf, so auch über diese Zeit. Bei allem erfahrenen Leid ging der junge Mann jedoch aus dieser Katastrophe gestärkt hervor und kam zwei Jahre später, als letztes Mitglied der Familie, aus den USA wieder nach Hause zurück.

Alles was fliegt, interessierte ihn

Rolf verband sein handwerkliches Geschick mit der Begeisterung für das Fliegen. Nach der Schule baute er sich in der heimischen Werkstatt Modellflugzeuge. Seine Luftflotte bestand aus fast zwanzig flugfähigen Segelflugmodellen einer Spannweite von bis zu 1,60 m. Er lernte mit 15 Jahren das Segelfliegen im örtlichen Luftsportverein auf dem Plaidter Hummerich. Aus diesen ersten Versuchen Ende der 30er Jahre entwickelte sich nach dem Krieg ab 1957, dann als Mitglied des Luftsportvereins Neuwied, eine tiefe Leidenschaft für den Luftsport. Das Verlangen, sich den Himmel zu seiner zweiten Heimat zu machen, konnte Rolf nun endlich umsetzen. Und wie schon so oft vorher, fasste er auch dieses Projekt mit der ihm eigenen Perfektion an. Er hatte die Vision, zu den Besten zu gehören. Seinen Ehrgeiz krönte er unter anderem mit dem internationalen Segelflugleistungsabzeichen in Gold mit drei Diamanten. Die dazugehörigen Exkursionen führten ihn in das benachbarte Ausland, nach Fayence, in die Steiermark und viele andere interessante Segelfluggebiete in den Alpen.

Mit Rolf als dem Vorsitzenden des Luftsportvereins Neuwied wurde der „Sonderlandeplatz Dierdorf-Wienau“ gebaut. Das Projekt war umfangreich und komplex. Es mussten Planfeststellungs-Verfahren eingeleitet, Zuschussanträge gestellt, Baumaschinen besorgt werden und noch vieles mehr. Die Fertigstellung des Flugplatzes in Wienau war eine große Gemeinschaftsleistung mit vielen Beteiligten und mit unermüdlichem Einsatz. Der Antreiber und geschickte Verhandler, beispielsweise auch für die Fördermittel aus den Geldtöpfen des Landes, war Rolf Petry. Auch der Motorflug begeisterte ihn ab 1972 und führte ihn zusammen mit seiner lieben Frau Brigitte rund um die Welt. Dieser Sport war etwas für beide. Sie nahmen an vielen Motorflug-Reisen mit Privatmaschinen teil. Die Reisen führten sie nach Russland, mehrfach in die USA, nach Ägypten, nach Israel, nach Südafrika und auch beispielsweise mit der ganzen Familie auf die Bahamas.

Rolfs hohes Verantwortungsgefühl für die Sicherheit zeigte sich in diesem Sport in besonderer Weise. Gut voraus geplant trat er gemeinsam mit seinem Freund seine letzte Rundreise als aktiver Pilot an. Der Iberienflug in einer Privatmaschine führte die beiden von Deutschland nach Frankreich, Österreich, Italien und wurde im Mai 1988 in Wienau abgeschlossen. Danach gab Rolf seine Fluglizenz zurück und beendete nach rund 30 Jahren seine aktive Flugzeit.

Viele Ehrungen wurden ihm als Aktiver des Luftsports zuteil. Dazu gehört beispielsweise auch die silberne Daidalos Medaille des Deutschen Aero Clubs für herausragende Leistungen in der Luftfahrt und dem Luftsport auf nationaler und internationaler Ebene, aber auch die Ehrenmitgliedschaft des Luftsportvereins Neuwied.

Rolf am Steuer

Rudern, ein anderer Teil seines Lebens

Rolf hat in den mehr als 60 Jahren als Aktiver der Neuwieder Ruder-Gesellschaft sämtliche ruderbaren Gewässer in Deutschland und dem nahen Ausland kennengelernt. Er bekleidete verschiedene Ehrenämter und war von 1981  bis 1990 Vorsitzender der NRG.  Die Ruderkarriere begann von 1951 – 1954 als Regattaruderer in der Leichtgewichtsklasse. Rolf veranstaltete unzählige Wanderfahrten auf den heimischen Gewässern und nahm an sehr vielen Fahrten teil. Die meisten Gewässer kannte er wie seine Westentasche. Die Ruhe und Gelassenheit, mit der er im Boot agierte, war großartig. Rolf konnte die Flüsse, die Strömungen lesen und vorausschauend wissen, was als nächstes passieren würde. Mit ihm im Boot fühlten sich die Mitruderer immer vollkommen sicher. Ob beim samstäglichen Frühstücksrudern, das er aus der Taufe gehoben hatte, beim „Mittwochsrudern“ nach Bad Honnef oder den Wanderfahrten auf deutschen Flüssen, er war stets gut vorbereitet. Auf längeren Fahrten hatte er immer auch sein Notgepäck mit den wichtigsten Werkzeugen, einschließlich einer Ersatz-Heckschraube für alle Fälle, dabei. Jeder Rudersportler, der jemals mit ihm im Boot saß, spürte das tiefe Wissen und die große Erfahrung. Rolf wurde zwei Mal der Äquatorpreis des Deutschen Ruderverbandes verliehen, was einer Ruderleistung von jeweils über 40.000 km entsprach.

Für das große Engagement im Verein, zusammen mit der Rudererfahrung, dem Einsatz für Neumitglieder und der Ausbildung wurde Rolf nicht nur als Ehrenmitglied in der NRG ausgezeichnet, sondern er wurde auch Mitglied des Ältestenrates des Vereins.

Die letzten Jahre

Mit über 90 Jahren saß Rolf noch regelmäßig im Ruderboot, auch wenn es ihm gelegentlich schwer fiel zu gehen – einen Gehstock zur Unterstützung akzeptierte er selbstverständlich nicht. Rolf und Brigitte versorgten sich selbst. Das gealterte Ehepaar war sehr innig miteinander und die beiden ergänzten sich wunderbar. Seine geliebte Ehefrau verstarb leider im Sommer 2015.

Trotz der tiefen Trauer im Herzen über den Tod, brachte Rolf Petry erneut die Lebensenergie auf und nahm sein Leben als Witwer in die Hand. Er beteiligte sich weiterhin am gesellschaftlichen Leben der Stadt, ging regelmäßig in den Gottesdienst, besuchte Ausstellungen im Röntgenmuseum, ging zu den Abenden der Casinogesellschaft, der Ehrengarde oder dem Leseverein, nahm weiterhin an Wanderfahren teil oder traf sich mit den Ruderkameraden zu den regelmäßigen Ruderterminen. Seine Kinder unterstützen Rolf weiterhin wie vormals zu den Lebzeiten seiner Gattin nach Kräften, obwohl die drei M´s von weither anreisten. Die Dankbarkeit des Witwers, wie zuvor schon des älter gewordenen Paares, war ihnen gewiss.

Im Februar 2016 ereilte Rolf Petry ein weiterer Schicksalsschlag, gegen den er noch immer alle ihm zur Verfügung stehende Energie aufwendete. Er erlitt einen Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung. In dessen Folge entschied er sich in den Josef-Ecker-Stift umzuziehen.

Demut lernte Rolf in diesen Jahren. Er, der sonst immer sehr genau wusste oder instinktiv ahnte, was zu tun war und es auch umgehend anging, um ein Ziel zu erreichen, der immer Pläne hatte und strategisch dachte, ohne Menschen zu benutzen, der exakt, schnell und höchst verlässlich Dinge auf den Weg brachte, war nun gehemmt von seinem eigenen Körper. Dabei ergab er sich nicht einfach in sein Schicksal, sondern akzeptierte, was ihm noch an Handlungsoptionen blieb.

Viele Freunde besuchten Rolf im Ecker-Stift, berichteten ihm von dem Leben in der Stadt, spielten mit ihm Skat. Auch zu den Pflegerinnen und Pflegern im Pflegeheim baute Rolf Petry – wie es immer schon seine Art war – gute Kontakte auf. Rolf war im besten Sinn ein Menschenfänger und konnte andere schnell zu Bekannten machen und persönliche Bande knüpfen. Dennoch sah man immer öfter die Traurigkeit in den sonst so wachen Augen.

Rolf wohnte im Josef Ecker Stift bis zu seinem Tod im Alter von 95 Jahren am 13. November 2019. Er schlief sanft ein. Die Erinnerung an ihn wird in den nachfolgenden Generationen weiter getragen.

J. Goeres-Petry

3 Gedanken zu „Rolf Petry

  1. Es ist so unendlich traurig. Mein Name ist Brigitte Claaßen und ich habe einst meine Lehre zur Zahnarzthelferin in seiner Praxis absolviert. Ich habe nur positive Erinnerungen an Herrn Rolf Petry und einmal war es mir sogar vergönnt, mit ihm, in seinem Flieger eine Tour nach Villingen/Schwenningen mit zu unternehmen. Der Besuch galt seiner Tochter Martina.
    Mein aufrichtiges Beileid gilt den drei M‘s – Martina, Matthias und Michael nebst ihren Familien

  2. Liebe Frau Claassen,
    danke für Ihre schönen Worte und Ihr Mitgefühl über den Tod von Rolf Petry.
    Ich informiere gerne die Geschwister.
    Es wäre schön, wenn Sie Zeit hätten ihn am Freitag, 29.11.2019 um 11:00h in der Ev. Kirche Heddesdorf in der Dierdorferstrasse im Gottesdienst zu verabschieden.
    Grüße
    Jürgen Goeres-Petry

  3. Habe jetzt erst vom Tod Rolf Petrys gelesen. Habe jahrelang im Haushalt von den Ehrleuten Petry gearbeitet. Sie waren so liebenswert. Mein aufrichtiges Beileid an Martina Michael und Matthias Petry . Habe Sie und Martina noch im Sommer letzten Jahres bei Ihrer Muttet gesehen und wir haben uns kurz unterhalten
    Liebe Grüße Sabine Rittinger

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