Fronleichnam auf der Ruhr

natürlich mit Corona-Auflagen!

Bericht von Corinna Schneider

Erste Male ohne Ende – oder warum eine Wanderfahrt, Wanderfahrt heißt

Nachdem ich ja bereits mehrere Tagestouren erfolgreich gemeistert hatte, stand nun meine erste mehrtägige „richtige“ Wanderfahrt an.

Mit der NRG und Gästen ging es über Fronleichnam auf die Ruhr. Erste Herausforderung und somit erstes „erstes Mal“ war natürlich das Packen. Keine Ahnung was man dafür so alles braucht. Es ging, dank Fahrtenleiter Watz, in eine wunderschöne Ferienwohnung in Essen-Kupferdreh, Zeltlager für Erwachsene nur ohne Zelt also, was die Frage Isomatte, Schlafsack und Zelt schon mal von selbst beantwortete. Mit einer Sporttasche und meinen beiden (kleinen) wasserdichten Tagessäcken machte ich mich also auf den Weg. Am Ende sollte sich herausstellen, dass ich natürlich viel zu viel dabeihatte und ich getrost den halben Hausstand hätte zu Hause lassen können. Schließlich riechen am Ende eh alle gleich 😉

Um 9:00 Uhr traf ich mich mit Biggi, Holle und Bernhard am Bootshaus zum Verladen der Boote. Getreu dem Motto „viele Hände, schnelles Ende“ ging es schon nach kurzer Zeit los Richtung Hattingen, wo wir uns mit den restlichen Teilnehmern, Watz, Moni, Bobby und Jürgen trafen.

Weiter ging es nach Witten, dem eigentlicher Startpunkt. Bootseinteilung, Boote zu Wasser lassen etc. … bis dahin eigentlich nichts Außergewöhnliches. Aber das sollte sich natürlich noch ändern. Bereits nach kurzer Zeit erreichten wir die erste Bootsgasse. Das nächste „erste Mal“ für diese Tour. Ein „Achtung-Schild“ jagte das nächste. „Anfänger bitte treideln“. Anfänger bin ich, aber was zum Henker ist treideln? Viel Zeit zum Nachdenken bekam ich nicht. Schließlich war ich die einzige Anfängerin in der Rückenwind. Ruder lang, grade im Boot sitzen und ab geht die Post. Hätten wir Kirmes würde „und die nächste Fahrt geht rückwärts“ ganz gut passen, denn sehen was passiert konnte ich logischer Weise nicht! Heil unten angekommen, hätte ich am liebsten noch ein paar Chips gekauft und gleich die nächsten Fahrten genossen. Aber dazu sollte ich im Laufe der nächsten Tage ohnehin noch des Öfteren Gelegenheit bekommen. Zur Erläuterung was denn nun Treideln bedeutet, hab ich dann später noch gegoogelt… einen Lastkahn (also das Ruderboot) vom Treidelpfad (der Bootsgasse) mit Menschenkraft (oder Zugtier) stromaufwärts ziehen. Soviel dazu.

Weiter ging es stromabwärts bis zum nächsten Hindernis, einer Schleuse. Nur geschleust wurde da vermutlich schon länger nichts und niemand mehr. Wir mussten also „Umtragen“. Eine Form des Ruderns, die ich bis dato auch noch nicht kannte. Hatte auch nicht wirklich was mit Rudern zu tun, wie man sich vorstellen kann, denn wie in dem Wort schon deutlich zu erkennen, hatte es was mit tragen zu tun, nämlich das Boot um die Schleuse tragen. Aber auch das war Dank der vielen Hände ein Kinderspiel. Unterm Strich ein weiteres „erstes Mal“.

Nach 17 kurzweiligen Kilometern legten wir sicher in Hattingen an. Es folgte ein gemütlicher Grillabend in der Ferienwohnung bevor es am nächsten Morgen oder besser gesagt Mittag auf die nächste Etappe ging. Zu Anfang gleich wieder eine Bootsgasse. „Die ist breit, das könnte ungemütlich werden“. Und Kommentare wie: „Wir verabschieden uns von der Rückenwind. Einem Boot der Neuwieder Rudergesellschaft auf seiner letzten Fahrt. Bis eben war noch alles gut gegangen, aber das wird sich jetzt schlagartig ändern. Nein, was machen die denn da…“ Danke Bernie, das macht es natürlich viel einfacher! Aber ich kann Euch beruhigen, es ist alles gut gegangen! Herrliches Wetter, Sonne satt. Da wird Rudern völlig überbewertet. Machen wir doch eine Badepause. Ins Wasser zu kommen war dabei eine meiner leichtesten Übungen. Aber wie komme ich jemals wieder zurück ins Boot? Ganz einfach, hochziehen! Ja nee is klar. Das funktioniert aber nur mit einem Gegenpart… also einer Backbord und einer Steuerbord. Hört sich einfach an, ist es aber nicht. Zumindest dann nicht, wenn der Gegenpart Holle heißt und (sorry Holle) gefühlt doppelt so schwer ist, also das Boot auf seine Seite zusätzlich runterzieht und es mir nicht gerade leichter macht. Wie ein gestrandeter Wal (mit diversen blauen Flecken versehen) habe ich es letztlich aber doch zurück ins Boot geschafft. Ein weiteres „erstes Mal“ auf meiner Liste und nun wurde aber gerudert. Dachte ich, denn wieso eigentlich rudern, wenn man eine Zugyacht in Sichtweite hat. Wie auch immer die Mannschaft der Lahn es geschafft hat, wir wurden die nächsten Kilometer jedenfalls gezogen. Und damit man dabei auch ein gekühltes Hopfenkaltschalengetränk genießen kann, wurde mir die Sockenkühlung empfohlen… Socke nass machen und über das jeweilige Getränk stülpen. Auch ein „erstes Mal“? Ja, irgendwie schon. Gerudert wurde an diesem Tag aber trotzdem noch. Und da so viel frische Luft hungrig macht, kehrten die „Raubeins“ am Tagesziel Essen-Kupferdreh in die Rote Mühle zum Essen ein.

Am nächsten Tag konnte ich die Gegend mal aus einer für mich neuen Perspektive genießen, nämlich vom Steuerplatz aus. Schon wieder ein „erstes Mal„. Ich wurde sprichwörtlich ins kalte Wasser geworfen, da der für April angesetzte Steuermannlehrgang leider auch Corona zum Opfer fiel. Aber so schwer kann das auf strömungsarmem Gewässer ja nicht sein. Aus heiterem Himmel auftauchenden „Springbojen“ konnte ich zum Glück gerade noch so ausweichen. Dumm nur, wenn man die Kommandos im Kopf hat, sie aber nicht ausspricht. Sie könnten ja falsch sein. Aber dafür hatte ich ja Holle im Boot, mein Sprachrohr quasi. Es ging über den Baldeneysee in Richtung Mülheim an der Ruhr. Viel Betrieb, Segler, Kanuten, Tretbootfahrer, Motorboote und Personenschifffahrt. Ein Paradies für Wassersportlicher eben. Vorfahrtsregeln beachten, Verkehrsschilder lernen, fast wie in der Fahrschule, nur besser. Und die Erkenntnis, dass mein Backbord eigentlich Steuerbord ist und umgekehrt. Nachdem wir das ein oder andere Mal erneut umtragen mussten, erreichten wir am späten Nachmittag Mülheim an der Ruhr.

Am Sonntag in aller Herrgott‘s Früh, also um 10:30 Uhr, ging es auf unsere letzte Etappe. Gleich zu Beginn erreichten wir eine Schleuse, die auch tatsächlich ihrer Bestimmung nachkam, nämlich uns zu schleusen. Das nächste „erste Mal“. Unspektakulär würde ich es nennen. Rein in die Schleuse. Schleusentor zu. Wasser ablassen. Schleusentor auf. Raus aus der Schleuse. Spannend geht anders. Wir wurden vom Schleusenwärter dann noch sehr „nett“ verabschiedet, denn dies sei die einzige Schleuse, die uns schleusen würde. Na prima. Das konnte uns die gute Stimmung jedoch trotzdem nicht verderben. Dass der Himmel kurz drauf anfing zu weinen ebenfalls nicht, denn wir waren ja alle gut ausgerüstet und zudem nicht aus Zucker. Mit der Schleuse in Raffelberg wurden wir dann aber noch kräftemäßig auf die Probe gestellt. Spätestens jetzt wusste ich, warum eine Wanderfahrt, Wanderfahrt heißt. Hier wurde nämlich nicht einfach nur umgetragen, sondern im wahrsten Sinne des Wortes um die Schleuse gewandert. Letztlich haben wir es natürlich geschafft und hätten auch alle weitesgehend trocken wieder im Boot gesessen, wenn die Mannschaft der Rückenwind, respektive Jürgen, nicht die Bugleine schon losgelassen hätte, bevor ich auch nur den Hauch einer Chance hatte, ins Boot zu kommen. Aber trockene Füße sind ja auch nur was für Anfänger. Ein, zwei kräftige Schritte mit meinen Sambas (seitdem quietschen sie komischer Weise übrigens auch nicht mehr) und ich bekam das Boot zu packen. Den ein oder anderen Wackler später und auch ich saß im Boot. Nun konnten wir das letzte Stück in Angriff nehmen. Wenn man vier Tage die ruhige Ruhr gewohnt ist, dann kommt einem der Rhein wie ein reißender gefährlicher Strom vor. Und vorallem war verdammt viel Betrieb, keine kleinen Nussschalen, gefühlt riesige Pötte. Zudem kam es mir schon ein paar Kilometer vorher schon so vor, hätte ich nicht gewusst, dass die Ruhr in den Rhein mündet, als müsste bald die Nordsee kommen, so windig war es. Nach der Rheinüberquerung konnten wir dann aber kurze Zeit später an unserem Ziel in Homberg anlegen. Jetzt hätte einfach nur noch Verladen und Heimfahren auf dem Programm gestanden, wenn Watz den Schlüssel seines Autos nicht in Bernhards Auto in Mülheim vergessen hätte. Aber für solche Fälle gibt es ja zum Glück Taxis. Wir haben die Wartezeit jedenfalls sinnvoll genutzt und schon mal die Boote geputzt, so dass wir in Neuwied auch wirklich nur noch abladen mussten.

Eine rundum gelungene Tour. Vielen Dank für vier wunderschöne Tage und sieben „erste Male“.

Bin schon sehr gespannt, was mich als nächstes erwartet….

Corinna Schneider